Hast du, als du deine Diagnose bekamst, überhaupt darüber nachgedacht, welche Auswirkungen der Krebs auf dein Äußeres haben wird?
Im ersten Moment ging es ausschließlich ums Überleben. Ich habe mir gar keine Gedanken zu meinem Äußeren gemacht, auch wenn mir dies sonst wichtig ist. Das kam erst mit Veränderungen wie dem Ausfallen von Augenbrauen und Wimpern. Da hatte ich das Gefühl, so einen nackten Blick zu haben. Das störte mich sehr. Hier halfen dann Schminktipps.
Ab welchem Zeitpunkt sind dir die Haare ausgefallen? Und fallen überhaupt zwangsweise alle Haare aus?
Meine Haare fielen, wie vom Arzt angekündigt, mit der zweiten Chemositzung aus. Als die Haare ausfielen, hatte ich nicht sofort eine spiegelglatte Glatze, ich hatte immer noch Haarstoppel, die dann Stück für Stück weniger wurden.
Es gibt heute Methoden, z.B. mit Kühlhauben, um das Ausfallen der Haare zu verhindern oder zu reduzieren. Diese Methode gab es vor sechs Jahren in meinem Mammazentrum noch nicht. Heute wird das angeboten und viele Frauen nehmen dieses Angebot dankend an.
Wie bist du damit umgegangen, als dir die ersten Haare ausfielen?
Ich wollte mir schon mit der ersten Chemositzung vom Friseur die Haare abrasieren lassen. Ich hatte lange, dunkle Locken. Doch der weigerte sich. Er sagte, wir machen dir erst einmal einen modischen Bob und wenn die Haare dann ausfallen, können wir Schritt für Schritt kürzer schneiden. Das war für mich eine tolle Alternative! Trotzdem habe ich geweint, als die Haare kürzer wurden. Mich von meinen Haaren zu trennen war auch ein Stück weit, mich von meinem alten, gewohnten Leben zu verabschieden und nicht zu wissen, was kommen wird.
Es ist dann schon merkwürdig, wenn du in der Dusche stehst und du lauter kleine Haarstoppel in der Wanne siehst, die durch den Abfluss verschwinden. Aber zu dem Zeitpunkt hatte ich schon mit Perücken und Turbanen gespielt und fühlte mich damit stark.
Hast du von da an schon darüber nachgedacht, dir eine Perücke zu holen?
Ich hatte mir eine Perücke schon vor der ersten Chemo ausgesucht. Ich wollte gut vorbereitet sein. Ein bisschen so, wie wenn man alles vor dem Geburtstermin vorbereitet.
Wie bist du zu deiner Perücke gekommen? An wen musstest du dich wenden?
Ich hatte im Mammazentrum eine tolle Perückenmacherin empfohlen bekommen. Sie kommt vom Theater und ist sehr kreativ und hat mir viel Mut zugesprochen. Sie hat eine große Auswahl und schneidet die Perücke dann individuell noch nach. Ein tolles Gefühl war es vor ein paar Jahren, diese Perücke als Spende dann zurückzugeben.
Hast du eine Perücke gewählt, die deinen natürlichen Haaren ähnelt oder wolltest du etwas ausprobieren?
Bei Königinnen im Eppendorfer Weg in Hamburg hatte ich eine tolle Beratung. Die Besitzerin zeigte mir eine Perücke, die meiner neuen Bobfrisur mit meiner Lockenstruktur wirklich sehr ähnelte. Bei den Anproben habe ich auch mal rote und blonde Haare ausprobiert. Das war schließlich die Gelegenheit! Es war ein lustiger Nachmittag und es tat unglaublich gut zu lachen.
Wie hast du dich mit der Perücke gefühlt? Was hat diese in dir ausgelöst?
Die Perücke hat mir gerade bei Geschäftsterminen etwas Normalität und Sicherheit geschenkt. Als Unternehmerin in der Modebranche habe ich auch während meiner Chemo gearbeitet und Kunden beraten. Doch ich erzählte nicht jedem Kunden von meiner Diagnose. Ich wollte meine Kunden nicht mit meiner Diagnose konfrontieren und ich wollte ganz besonders keine mitleidigen Blicke. Also setzte ich meine Perücke auf, machte meinen Job und hatte für ein paar Stunden auch mal die ganze Krebssituation vergessen. Das tat mir zwischendurch einfach gut.
Was hast du in der Zeit über dich selbst gelernt?
Ich habe gelernt, dass ich wahnsinnig stark bin und dass es gut ist, wenn ich meine Prioritäten ganz neu sortiere. An erster Stelle stehen die Familie und eine Tätigkeit, die mir sehr viel Spaß macht und mit der ich anderen Menschen helfen kann. Wenn ich anderen Menschen helfen möchte, muss ich jedoch als Erstes gut auf mich selber achten. Dann habe ich die Kraft, auch anderen Menschen zu helfen.
Weiter habe ich gelernt, dass wir ganz viel selber zur Stärkung unseres Immunsystems während der Chemotherapie beitragen können, nämlich durch Ernährung, Bewegung und Stressreduktion. Diese persönlichen Erkenntnisse und meine wissenschaftlichen Recherchen dazu habe ich mit dem Verein LebensHeldin! e.V. zu einem einzigartigen Mutmacher-Videokurs zusammengefasst. Mehr dazu bei www.diagnosegesundundgluecklich.de.